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Fütterung: Esel sind keine Rasenmäher

Wenn ich mit den Eseln unterwegs bin, werde ich häufig von Spaziergängern angehalten und über die Esel ausgefragt. Oftmals kommen dabei auch Fragen zur Fütterung auf und ob man Esel denn nicht als „Rasenmäher“ halten könne. Ich nutze solche Gespräche um aufzuklären und auf die Gefahren einer falschen Fütterung hinzuweisen.

 

Vor Kurzem hielt ein Fahrradfahrer am Stall und bat um ein informierendes Gespräch. Er besitze mehrere verwilderte Streuobstwiesen und spiele mit dem Gedanken, sich einen oder mehrere Esel anzuschaffen, um die Wiese kurz zu halten. An Ziegen hätte er auch schon gedacht, aber diese vernichten eben nicht nur Gras und Unkraut, sondern gleich alles was ihnen zwischen die Zähne kommt. Ich habe mir seinen Plan angehört und mit folgenden Punkten argumentiert:

 

1. Da der Esel ein Wüstentier ist, kann er Gras nicht so gut verwerten wie ein Pferd. Wird er trotzdem auf saftigen Weiden gehalten, bekommt er dicke Fettpolster am ganzen Körper und einen Speckhals. Die Verfettung kann die Leber schädigen. Außerdem besteht die Gefahr von Hufrehe, einer sehr schmerzhaften und Behandlungsintensiven Hufkrankheit. Daher ist Weidegang nur begrenzt möglich.

 

2. Streuobstwiesen sind kein geeigneter Aufenthaltsort für Esel. Das Fallobst besitzt sehr viel Zucker. Ein übermäßiger Verzehr von Obst kann zu Durchfall oder auch einer Kolik führen (und die geht oftmals tödlich aus). Bei älteren Tieren, die nicht mehr so gut kauen können, kann es zu einer Schlundverstopfung kommen. Außerdem naschen auch Wespen und Hornissen gerne an den überreifen Früchten. Sie graben sich regelrecht hinein und wenn der Esel in den Apfel beißt, wird er ins Maul gestochen, was ebenfalls tödlich enden kann. Des weiteren enthalten die Kerne von Steinobst giftige Blausäure.

 

3. Die Bäume müssen vor Verbiss geschützt werden. Auch Esel nagen sehr gerne Baumstämme und anderes Holz ab. Es müssten also ausnahmslos alle Bäume mit Hasendraht umwickelt oder auf eine andere Art und Weise geschützt werden, sonst schälen die Esel genüsslich die Rinde ab.

 

4. Da es viele Giftpflanzen gibt, die mehr oder weniger giftig wirken, müssen die Wiesen immer wieder nach solchen abgesucht werden. Vor allem das Jakobskreuzkraut ist sehr gefährlich und eine ernste Vergiftung wird oft zu spät bemerkt.

 

5. Die Einzäunung für die Weide muss stimmen. Nicht nur Ziegen, sondern auch Esel sind Meister im Ausbrechen. Die schlauen Tiere erfinden immer wieder neue Tricks und drücken sich auch durch die schmalste Spalte im Zaun, um die große weite Welt zu erkunden. Schließlich wissen wir ja: Auf der anderen Seite ist das Gras immer viel grüner.

 

6. Esel brauchen einen warmen und wettergeschützten Stall. Er muss groß und trocken sein und jederzeit zugänglich, damit sich die Tiere vor Wind und Regen schützen können. Eselfell ist nicht wasserabweisend. Wenn es regnet weicht es durch bis auf die Haut und die Tiere fangen an zu frieren. Im schlimmsten Falle kommt es zu einer Lungenentzündung.

 

7. Auch Esel erfordern eine intensive Pflege. Regelmäßig müssen die Tiere entwurmt und geimpft werden. Hufschmied und Zahnarzt müssen in diversen Abständen kommen und auch die „Körperpflege“ wie putzen und Hufe auskratzen sind wichtig, um eventuelle Verletzungen rechtzeitig zu erkennen und die Bindung zum Tier zu stärken. Außerdem wollen Esel beschäftigt werden, brauchen einen warmen und trockenen Unterstand, Raufutter wie Stroh und Heu und bestenfalls auch unterschiedliche Untergründe, wo sie sich ihre Hufe ablaufen können.

 

8. Esel sind Herdentiere und dürfen nicht alleine gehalten werden! Daher muss mindestens ein zweiter Esel dazu kommen. Ein Mensch, Pony, Ziege, Schaf oder sonstiges kann einen Artgenossen nicht ersetzen!

Fazit: Esel sind keine Rasenmäher, die man sich mal eben in den Garten oder die Streuobstwiese stellt. Sie erfordern, egal ob großer oder kleiner Esel, genau so viel Pflege und Ahnung im Umgang wie ein Pferd. Saftiges Gras und Kohlenhydrat- sowie Zuckerhaltiges Futter vertragen sie schlecht. Schon kleine Fehler in der Unterbringung, der Fütterung oder dem Umgang können große negative Auswirkungen haben. Ein Pony ist meiner Meinung nach übrigens genauso wenig geeignet als Rasenmäher eingesetzt zu werden, egal welche Größe es hat.

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